Der Pfarrer2010 - Bruno Moll

YYSERÄINÄ - Einer von uns

[Fernsehfilm 52 Min.]

YYSERÄINÄ erzählt von den Dreharbeiten zum neuen Film «Die Nagelprobe» des quirligen Obwaldner Filmemachers und Rockmusikers Luke Gasser, von seine Fähigkeiten als Animator, der die Begabung hat, eine halbe Talschaft für seine Vision in Bewegung zu setzen...

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YYSERÄINÄ porträtiert einige der spielfreudigen Obwaldner Darsteller, sei es als Baggel-Rot, Brandi-Guchs, Mattli-Lanz und Bichel-Botsch in ihrem Alltag als Malermeister, Sattler, Architekt und Theatermacher.
YYSERÄINÄ erzählt von der seltsamen, störrischen Talschaft hinter dem Lopper, im Herzen der Schweiz. Der Film berichtet über ihr Selbstverständnis, ihre Mentalität, die Sehnsucht nach alten Zeiten, über die Bedeutung der Obwaldner Sagenwelt, und ihre religiösspirituelle
Verwurzelung bis in die heutige Zeit. YYSERÄINÄ als eine Art Making-off, aber mit starkem Blick über den Rand des eigentlichen Filmemachens hinaus ins Obwaldner Biotop. Die Bühne im Dorf, das Dorf auf der Bühne.

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Luke Gasser?


Luke GasserLuke Gasser (*1965) ist Bildhauer, Rockmusiker (der eher lauten und fetzigen Gattung) und Filmemacher, ein Archaiker und Rock ’n‘ Roller, ein Multitalent, ein Tausendsassa, ein Charakterkopf zwischen Selbstdarstellung und originärer Obwaldner Kunst, ein «glatte Siech», eine Saftwurzel, ein Wahnsinniger, ein Verrückter, ein Waghalsiger, ein «enfant terrible». In der wohltemperierten Schweizer Kulturlandschaft ein Unikat. Im Jahr 2007 kandidierte er als Unabhängiger für den Nationalrat, wurde aber knapp nicht gewählt.
Leidenschaftlich und lustbetont, ohne Netz und doppelten Boden verfolgt Gasser unermüdlich seine Projekte. Er motiviert bei jedem neuen Film eine Hundertschaft von Helfern, die allesamt aus der näheren Umgebung stammen. Kulturarbeit in die Breite also.
Als Gasser vor Jahren für 32 000 Franken seinen ersten Film machte, war das natürlich hemmungslos. Im Guten wie im Missglückten. «Baschis Vergeltung» war nach gängigen Kriterien kein guter Film. Der Leiter des Luzerner Stattkinos, das den Streifen damals ablehnte, nannte ihn ein «Dorftheater der schlimmsten Art». Und doch trifft man auch in der Film- wie in der Kulturszene auf beeindruckte Leute. Weil da einer macht, was er will.
Aber siehe da: Luke Gassers vorletzter Kinofilm «Fremds Land» stiess bei Publikum und Kritikern auf grosse Sympathien. Der «komische Vogel» aus der Innerschweiz hat ein beachtliches Ei gelegt. Der mit ungestümer Kraft und einem minimalen Budget realisierte Film erzählt die Geschichte des rebellischen David im Kampf um seine Liebe, gegen herrschende Willkür der Mächtigen, und um eine bessere Zukunft in einer neuen Welt. Plötzlich wird Luke Gasser als ein Warrior, als ein Krieger gegen die Regeln der Diplomkultur und des Kulturmanagements bewundert. Auch mich hat der Film, mit seiner zum Teil berauschend dichten Atmosphäre, fasziniert.
Auch «Anuk», sein dritten Spielfilm, realisierte Gasser wieder mit einem Minimalst- Budget, dafür mit Support aus der halben Innerschweiz. Im Melodram aus der Bronzezeit tritt viel Rockprominenz auf, so die deutsche Hardrock-Sängerin Doro Pesch, der Krokus-Frontmann Marc Storace und Sänger Stephan Eicher.
Der Film spielt in der Bronzezeit vor 4300 Jahren, in einer Zeit, als es die Berge schon gab, aber noch kein Obwalden: Völker bekriegen sich, um zu überleben, man glaubt an die Geister der Ahnen, es gibt Bündnisse mit dem Bösen und heimtückischen Verrat. Die Story ist frei erfunden – vor dem Hintergrund eines Weltbildes allerdings, «das ich für plausibel halte, aber so, dass es schon wieder Science Fiction ist. Welttheater. Ausserhalb der historisch-wissenschaftlichen Reichweite jedenfalls.», so Luke Gasser.

Biografische Daten Luke Gasser

1955 geboren, aufgewachsen in Lungern, OW
1983-1987 Lehre als Bildhauer bei Karl Imfeld, Lungern, sowie Besuch der Schule für Gestaltung in Luzern
seit 1991 freischaffender Bildhauer und Musiker (5 veröffentlichte CDs), diverse Ausstellungen, Projektbeteiligungen sowie Werke im öffentlichen Raum
seit 1999 Tätigkeiten im Bereich Film/ Video:
‚Der Ausfall’, Dok-Film 1999
‚Baschis Vergeltung’, Spielfilm, 2000
‚Fremdes Land’ Spielfilm 2003 Verleih Frenetic
‚Hufschlag - Auf den Spuren des Säumers’ Dok-Spielfilm 2005
‚Anuk’ Spielfilm 2006 Verleih Frenetic
Auswahl von Werken im öffentlichen Raum:
Wandgestaltung; Eingangsbereich der Pfarrkirche Trimmis GR
Inselskulptur, Lungern
Brunnengestaltung vor dem Kraftwerk Unteraa, Giswil OW
‚Der Fisch beim Durchmessen des Bootes’, Skulptur in der Heiligkreuzkirche in Chur GR
‚Huotlût’, Eisenplastik vor dem Tunnelsüdportal der A8, Sachseln OW
www.lukegasser.ch (die z.Z. etwas verwaiste Site)

15-mal taucht sein Name im Abspann auf. Drehbuch, Regie, Hauptrolle, Produktion, Musik, Design und Aufbau der Bauten, Begleitung der Vertonung und der deutschen Synchronisation. «Ich will auch Baumstämme schleppen, Nägel einschlagen. Ich bin keiner, der die anderen arbeiten lässt und dann am fertigen Set antanzt. Eben klassisches Autorenkino», sagt er, nur halbwegs ironisch.
Im neuen Mystery-Thriller «Die Nagelprobe», dessen Dreharbeiten begonnen haben, werden Polo Hofer, der Komiker René Rindlisbacher und das Radio-Urgestein Franziskus Abgottspon mitwirken. Es geht traditionell wie in den anderen Gasser-Filmen um Gegenwart und Vergangenheit. Eine Archäologin gerät in die Vergangenheit in ferne Jahrhunderte.
«‹Die Nagelprobe› – ein Film, der das Gegenwärtige mit dem Vergangenen, das Reale mit dem Sagenhaften und die Wissenschaft mit metaphysischem Spuk verbindet – ist ein rauschhafter, temporeicher und fantasievoller Bilderbogen um einen Artefakt, das zu einer uralten, fluchbeladenen Legende führt.»
Gedreht wird wiederum in der Innerschweiz (Obwalden, Tessin, Entlebuch). Luke Gasser ist kein Liebling des Feuilletons, der gehobenen Musik- und Filmkultur. Zu trashig, zu oberflächlich, zur Kraftmeierei neigend, zu lärmig, zu ungehobelt, zu brachial, zu viel Blut-und Bodenpathos, wird, mehr oder weniger zutreffend, moniert. Luke Gasser passt in kein Schema. Die Antithese zum ordentlichen Kulturverständnis also.
Der Gebrauch des Schwerts, nicht das feine Floretts, ist Gassers Gestaltungsimpetus. Aber: Es steckt viel Liebe und Leidenschaft drin. Und wenn Liebe drin ist, entsteht auch Poesie. Und dieser Prozess fasziniert mich.
Luke Gasser, ein von der heimischen Filmförderung bislang weitgehend unbegossenes Pflänzchen, wird nun erstmals, für seinen neusten Film «Die Nagelprobe», vom Schweizer Fernsehen und der eidgenössische Filmförderung unterstützt. Man könnte diese Entwicklung bedauern. Die Erzählung des unabhängigen, wilden Eidgenossen aus der tiefen Innerschweiz, der plötzlich vom launischen Geist urbaner Kulturförderung umgarnt wird, könnte eine jähe Wendung nehmen.
Einer der Gründe etwas genauer hinzuschauen.